Als Bürgergeld-Empfänger ist es wichtig zu wissen, was im Falle einer Erbschaft auf einen zukommt. Denn das Erbe kann Einfluss auf den Fortbestand des Anspruchs auf Bürgergeld haben. Doch was muss man beachten und welche Regelungen gelten? Droht den Erben eine Rückzahlung von Bürgergeld-Leistungen? Was gilt, wenn man zwar in der Vergangenheit, aber aktuell kein Bürgergeld mehr bezieht? Müssen Sie das geerbte Vermögen überhaupt an das Jobcenter melden? Was sollte man beachten, wenn man einen Bürgergeld-Empfänger im eigenen Testament begünstigen möchte? Wir haben Ihnen eine Übersicht zu den wichtigsten Fragen rund um Erbschaft und Vermächtnisse für Bürgergeld-Beziehende erstellt.
Was ist Bürgergeld?
Bürgergeld ist die neue Bezeichnung für das Arbeitslosengeld II (ALG II) und Hartz IV, welches seit dem 1. Januar 2023 gilt. Es beinhaltet Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die nicht in der Lage sind ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Um Anspruch auf Bürgergeld zu haben, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft muss unter dem Existenzminimum liegen.
- Der Lebensunterhalt kann nicht mehr aus eigenem Einkommen bestritten werden.
- Das eigene Vermögen muss innerhalb bestimmter Grenzen liegen.
Als Alleinerbe oder Teil einer Erbengemeinschaft treten Sie in alle Rechtspositionen des Erblassers ein und erben gegebenenfalls auch Schulden.
Ein Vermächtnis hingegen ist ein Leistungsanspruch gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft: Ihnen steht dann zum Beispiel ein Recht auf einen bestimmten Gegenstand oder bestimmten Geldbetrag zu, ohne dass Sie Erbe werden sollen. Die Abgrenzung kann im Einzelfall kompliziert sein. Oftmals ist der Wortlaut des Testaments ein erster Hinweis, ob Ihnen die Rolle als Erbe oder Vermächtnisnehmer geben wurde.
Wie wirkt sich eine Erbschaft auf den Anspruch auf Bürgergeld aus?
Hier müssen folgende Konstellationen unterschieden werden:
- Bürgergeld in der Vergangenheit, Erbschaft fällt erst danach an
- Aktueller Bürgergeld-Bezug vor Anfall und Auszahlung der Erbschaft
- Während Sie Bürgergeld erhalten, fällt eine Erbschaft an, die aber nicht ausbezahlt wird
- Was gilt, wenn die Erbschaft / das Vermächtnis erst nach Ende des Bürgergeldes erlangt wird?
Keine Rückzahlung bei Erbe nach Bürgergeld-Bezug
Erbt man als ehemaliger Bürgergeld-Empfänger*in, müssen keine Sozialleistungen zurückgezahlt werden. Sie müssen auch dem Jobcenter keine Mitteilung machen, dass Sie nun nach Ende der Bürgergeld-Auszahlungen vermögend sind. Dies gilt selbst bei einem großen Erbe.
Erbschaft während Bürgergeld
Allerdings kann das Erbe Auswirkungen auf den momentanen Anspruch als Empfänger haben. Ein Erbe oder Vermächtnis ist zwar seit dem 1. Juli 2023 kein Einkommen, aber es stellt einen Zuwachs an Vermögen dar. Dies gilt unabhängig davon, was Sie konkret erben: es ist egal ob es sich um eine Immobilien-Erbschaft, ein geerbtes Auto, Schmuck, Gemälde, Aktien oder Bargeld handelt – Sie haben nun mehr Vermögen.
Es gilt der Grundsatz: Vermögen, das die Vermögensgrenzen (siehe unten) übersteigt, muss zum Beispiel für Ihren Lebensunterhalt verwendet werden. Das gilt auch für geerbtes Vermögen. Sie müssen das Erbe jedoch nicht antasten, wenn auch mit der Erbschaft Ihr Vermögen die Grenzen nicht überschreitet. Wird hingegen Ihr geerbtes Vermögen erst zu spät gemeldet, dann werden ausbezahlte Gelder seitens des Jobcenters zurückgefordert.
Was gilt, wenn Sie als Bürgergeld-Empfänger erben, aber keinen Zugang zum Vermögen haben?
Komplizierter hingegen ist die Konstellation, dass Sie als Bürgergeld-Beziehender ein Erbe oder Vermächtnis erhalten, aber tatsächlich nicht auf die Vermögenswerte zugreifen können. Häufig handelt es sich hierbei um Fälle wie zerstrittene Erbengemeinschaften, ein angefochtenes Testament oder geerbte Wertgegenstände, die sich nicht zeitnah zu Geld machen lassen. Auf dem Papier sind Sie jedoch möglicherweise (trotz leerem Konto) bereits nicht mehr zu Bürgergeld berechtigt. Lassen Sie sich in dieser Situation unbedingt von einem Rechtsanwalt mit sehr guten Kenntnissen im Erbrecht individuell beraten.
Was passiert, wenn man als Hartz IV-Empfänger ein Haus geerbt hat?
Hat der Hartz IV-Empfänger (jetzt: Bürgergeld) vor oder während seinem Bezug von Sozialleistungen ein Haus geerbt, so bestimmt die Art der Nutzung der Immobilien-Erbschaft, ob es sich um Einkommen handelt oder der Wert des geerbten Hauses gar keine Rolle spielt.
Bürgergeld und im geerbten Haus wohnen?
Wenn Sie Ihr Immobilienerbe selbst bewohnen und von nun an im Grundbuch als Eigentümer stehen, dann unterliegen Sie der Regelungen für “Bürgergeld mit Eigenheim”: Im ersten Jahr des Bezugs von Bürgergeld, können Sie das Eigenheim oder die Eigentumswohnung bewohnen. Erst nach Ablauf eines Jahres wird die Angemessenheit der Wohnverhältnisse berücksichtigt.
Sie sollten unbedingt auch die Erbschaftssteuer im Hinterkopf behalten. Wenn Sie als Kind oder Enkel erben, der Verstorbene war also Elternteil oder Großelternteil, dann kann der Eigenbezug sogar ein Weg sein, wie Sie Erbschaftssteuern sparen.
Kann ich die geerbte Wohnung vermieten?
Ja, als neuer Eigentümer können Sie natürlich die Immobilie vermieten. Die Mieteinnahmen stellen dann ein Einkommen dar. Die Mietzahlungen müssen nicht nur beim Finanzamt versteuert, sondern auch beim Jobcenter gemeldet werden. Das gilt auch, wenn Sie die Wohnung innerhalb der Familie vermieten.
Was passiert, wenn ich das Immobilien-Erbe verkaufe?
Die Veräußerung bedeutet, dass Ihr Vermögen gemehrt wird und Sie den Anspruch auf Bürgergeld verlieren, wenn Sie die Vermögensgrenzen für Bürgergeldempfänger überschreiten. Es macht also einen erheblichen Unterschied, ob Sie eine Wohnung in einer Großstadt wie München verkaufen, oder ob es sich um eine stark sanierungsbedürftige Immobilie in einer infrastrukturschwachen Region handelt.
Dringende Empfehlung: Lassen Sie sich vom Anwalt beraten
Es ist ratsam, sich im Falle eines Erbes oder Vermächtnisses rechtlich beraten lassen. Dies gilt insbesondere, wenn Sie beim Jobcenter Gefahr laufen, den Anspruch auf Bürgergeld zu verlieren oder gar Rückzahlungsforderungen befürchten müssen.
Noch besser wäre es jedoch, wenn ein Erblasser vor der Erbschaft an Bürgergeld-Empfänger eine Beratung bei einer Rechtsanwältin aus dem Bereich Erbrecht genutzt wird: durch ein speziell formuliertes Testament können zum Beispiel Eltern auch höhere Vermögensbeträge an Kindern vererben, ohne deren Bürgergeld-Anspruch zu gefährden. Gleiches gilt, wenn Sie an andere Familienangehörige oder auch Freunde vererben möchten, ohne dass diese zwangsläufig kein Bürgergeld mehr beziehen können.
Mehr zu Freibeträgen als Bürgergeld-Empfänger*in
Als Bürgergeld-Empfänger*in stehen Ihnen verschiedenen Freibeträge zu, die Ihr Vermögen schonen.
Was ist ein Freibetrag?
Ein Freibetrag ist eine bestimmte Summe, die bei der Berechnung des Einkommens oder Vermögens nicht berücksichtigt wird. Dieser Freibeträge ist nur maßgeblich für das erste Jahr des Bürgergeldbezugs (Karenzzeit):
- Vermögen der Bürgergeld-Empfangenen wird erst ab 40.000 Euro angetastet.
- Jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft hat einen Freibetrag von 15.000 Euro.
Wieviel Zuverdienst ist ohne Anrechnung möglich?
Wenn Sie monatlich zwischen 520 und 1.000 Euro sich dazu verdienen, können Sie 30 Prozent von diesem Einkommen behalten. Jedoch gelten Erbschaften nicht als Einkommen und fallen somit nicht unter diese Regelung.
Welche weiteren Freibeträge gibt es?
Neben dem Absetzbetrag steht jedem Bürgergeld-Empfänger ein weiterer Freibetrag in Höhe von 750 Euro zu. Dieser ist für notwendige Ausgaben vorgesehen, wie etwa Miete, Versicherungsprämien oder Kosten für den Unterhalt des Haushalts. Darüber hinaus gibt es gestaffelte Freibeträge vom Bruttoeinkommen zwischen 100 und 1.000 Euro: 20 Prozent bleiben dem Bürgergeld-Empfänger hierbei erhalten sowie 30 Prozent ab 1.000 Euro Einkommen pro Monat.
Was ist ein Schonvermögen?
Schonvermögen ist der Teil von Vermögen, der bei der Berechnung des Bürgergeldes nicht berücksichtigt wird. Ob Sie Schonvermögen haben oder nicht haben, hat also keinen Einfluss auf den Anspruch. Sparguthaben. Es gibt verschiedene Arten von Schonvermögen, wie etwa Altersvorsorge, Sparbücher / Sparguthaben auf Konten oder Immobilienbesitz bis zu einem bestimmten Wert (Grenze). Auch hier gilt: Neben dem Schonvermögen steht jedem Bürgergeld-Empfänger ein weiterer Freibetrag in Höhe von 750 Euro zu.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf sollten Sie nun besser verstehen können welche Voraussetzung an Einkommens- und Vermögensebene erforderlich sind um Anspruch auf das neue Bürgergeld ab Januar 2023 zu haben und welche finanzielle Entlastung es bedeutet.
Vielen Dank für diesen Artikel zum Erbe. Gut zu wissen, dass ein Erbe den Anspruch auf Bürgergeld beeinflussen kann. Wir haben gerade den Fall, dass eine der Erben Bürgergeld bekommt und außerdem läuft ein Verfahren der Testamentsanfechtung, deshalb wollte ich mich hier belesen.