Wenn der Ehemann stirbt, stellt sich für die Ehefrau häufig die Frage, wie sie rechtlich abgesichert ist und wie der Nachlass unter ihr und den zwei gemeinsamen Kindern aufgeteilt wird. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob gesetzliche Erbfolge gilt oder die Eheleute ein Testament haben. Wenn ein Testament vorhanden ist, dann haben die selbst gewählten Anordnungen Vorrang vor dem gesetzlichen Erbrecht.
Viele Ehepaare unterschätzen einerseits die Nachteile der gesetzlichen Erbfolge und verschenken bares Geld an das Finanzamt für Erbschaftssachen, wenn sie auf ein Standardtestament (wie das Berliner Testament) zurückgreifen. Dieser Artikel erklärt auf verständliche Weise die gesetzlichen Regelungen zur Erbfolge in Deutschland für Ehegatten, insbesondere unter Berücksichtigung der Zugewinngemeinschaft, und beleuchtet die Auswirkungen eines Testaments – einschließlich des weit verbreiteten Berliner Testaments.
Zugewinngemeinschaft – was bedeutet das?
In Deutschland wird eine Ehe automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft geschlossen. Das bedeutet, dass das Vermögen der Ehepartner während der Ehe getrennt bleibt, ein Ausgleich aber stattfindet, wenn die Ehe durch Scheidung oder Tod endet.
Beim Tod eines Ehepartners ergibt sich durch die Zugewinngemeinschaft ein pauschaler Zugewinnausgleich. Dieser wird so gehandhabt, dass der überlebende Ehepartner einen zusätzlichen Anteil am Erbe erhält (die sogenannte erbrechtliche Lösung). Dieser Zugewinnzuschlag erhöht den gesetzlichen Erbteil der Ehefrau.
Erbfolge ohne Testament (gesetzliche Erbfolge)
Wenn der Ehemann stirbt und kein Testament vorliegt, greift die gesetzliche Erbfolge. Nach deutschem Erbrecht erben Ehefrau und Kinder zusammen und begründen somit eine Erbengemeinschaft. Die Kinder sind mit dem Erblasser direkt verwandt und somit Erben erster Ordnung. Die Ehefrau ist hingegen ist Erbin aufgrund des Ehegattenerbrechts.
Allerdings hat die Frau durch die Ehe und den Zugewinnausgleich eine privilegierte Stellung in der gesetzlichen Erbfolge:
- Die Ehefrau erbt 1/4 des Nachlasses und erhält 1/4 der Erbschaft als pauschalierten Zugewinnausgleich.
- Die Kinder teilen sich die andere Hälfte zu je gleichen Teilen, also je ein Viertel.
- Würde es drei Kinder geben, so würden sie je nur ein Drittel des hälftigen Nachlasses erhalten.
Ein Beispiel: Wer erbt, wenn Ehepartner stirbt und Kinder da sind?
Der Ehemann hat ein Vermögen von 100.000 €. Es gibt zwei Kinder aus der gemeinsamen Ehe, keine unehelichen Kinder und kein Testament. Es besteht eine Zugewinngemeinschaft. Daraus ergeben sich folgende Erbquoten:
- Die Ehefrau erbt ein Viertel, also 25.000 €.
- Zusätzlich erhält die Ehepartnerin ein Viertel, also 25.000 € als pauschalierten Zugewinn, insgesamt also 50.000 Euro.
- Die zwei Kinder bekommen jeweils 25.000 €.
Wichtige Anmerkung zur Zugewinngemeinschaft
Die oben beschriebene Regelung gilt nur, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Anders ist es, wenn die Eheleute einen Ehevertrag schließen und Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbaren.
Selbes Ergebnis: Erbe der Ehefrau mit einem Kind
Im Endeffekt wirkt es sich nicht aus, wie viele Kinder neben der Ehegattin erben. Solange die Ehe im Güterstand der Zugewinngemeinschaft geschlossen wurde, geht die Hälfte des Nachlassvermögens an die Ehepartnerin und die Kinder teilen sich die verbliebene Hälfte. Im Falle der Gütergemeinschaft erbt die Ehefrau nur ein Viertel, da kein Anspruch auf den pauschalen Zugewinn besteht. Nur wenn das Ehepaar Gütertrennung vereinbart hat, wirkt sich die Anzahl der erbberechtigten Kinder auf die Höhe der Erbquote der Ehefrau aus.
Hat das Ehepaar ein Testament, ändert sich die Erbfolge
Ein Testament hat Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge. Ehepartner können darin festlegen, wer ihr Vermögen erben soll. So kann ein Ehepartner als Alleinerbe eingesetzt werden, jedoch der andere Ehegatte enterbt werden. Gleichsam könnten die Kinder oder einzelne Abkömmlinge als alleineige Erben bestimmt werden. Gegebenenfalls kann das gesamte Vermögen auch an eine Familienstiftung übertragen werden.
Ein individuelles Testament kann erhebliche steuerliche Vorteile bringen oder ungünstige familiäre Verhältnisse ausgleichen. Das ist zum Beispiel bei Kindern aus erster und zweiter Ehe, “Problemkindern” mit Drogensucht oder Privatinsolvenz empfehlenswert. Doch auch hier bleibt das Pflichtteilsrecht der Kinder bestehen. Das bedeutet, dass Kinder unabhängig vom Testament die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils einfordern können.
Das Berliner Testament
Eine beliebte Form, wie Ehepartner sich gegenseitig absichern, ist das Berliner Testament. Dabei setzen sich beide Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein. Erst nach dem Tod des zweiten Partners erben die Kinder.
Obwohl das Berliner Testament weit verbreitet ist, hat es auch Nachteile:
- Die Kinder verlieren steuerliche Freibeträge, da diese jeweils nur einmal pro Elternteil gelten. Im ungünstigsten Fall bedeutet dies eine deutlich höhere Erbschaftssteuerbelastung.
- Es ist weniger flexibel. Änderungen sind nach dem Tod eines Partners nur eingeschränkt möglich.
- In Patchworkfamilien kann ein Berliner Testament zu sehr unfairen Ergebnissen für die Kinder aus erster Ehe führen. Die mit dem Erblasser nicht verwandten Stiefkinder werden hingegen im Einzelfall finanziell besser gestellt. Wenn eine Ungleichbehandlung nicht gewollt ist und das Vermögen insbesondere an die leiblichen Kinder gehen soll, dann ist ein individuelles Testament unbedingt erforderlich.
Ein alternatives Testament, das dynamischer gestaltet ist und besser auf die Bedürfnisse der Familie eingeht, könnte für Sie somit unter Umständen sinnvoller sein als das klassische Berliner Testament.
Fazit: Werden Sie aktiv und lassen Sie sich beraten
Die Frage, welchen Anteil die Ehegattin am Erbe ihres Mannes erhält, wenn es zwei Kinder gibt, hängt also von mehreren Faktoren ab. Ohne Testament erbt die Ehefrau bei zwei Kindern die Hälfte des Nachlasses, während die Kinder die andere Hälfte teilen. Durch die Zugewinngemeinschaft erhöht sich der Erbteil der Ehefrau noch einmal um einen pauschalen Zugewinnausgleich. Mit einem Testament, beispielsweise dem Berliner Testament, kann die Erbfolge modifiziert werden, jedoch kann dies steuerliche oder andere Nachteile haben.
Um sicherzustellen, dass Ihr Vermögen optimal verteilt wird und alle Beteiligten abgesichert sind, ist es ratsam, sich rechtzeitig über die Möglichkeiten eines individuellen Testaments zu informieren. Wenden Sie sich dabei an einen Experten, um maßgeschneiderte Lösungen für Ihre Familie zu finden.